100 Jahre Tradition, Innovation und Mission: Dem CVJM Kirchberg ist es ein wichtiges Anliegen, Jesu Botschaft im Ort erlebbar zu machen. Gemeinschaft soll erlebbar werden. Dabei werden auch gesellschaftlicher Wandel und Veränderung nicht außer Acht gelassen.
Von Simone Schneider-Seebeck , BKZKIRCHBERG AN DER MURR. Der Erste Weltkrieg hatte die damalige Welt auf den Kopf gestellt. Viele Menschen, vor allem auch junge ehemalige Soldaten, waren auf der Suche nach Halt in ihrem Leben, nach einer Möglichkeit, nach diesen schrecklichen Jahren das eigene Leben wieder in den Griff zu bekommen. Der Glaube war einer dieser Anker. Damals habe es jedoch keine Jugendarbeit gegeben, wie Elke Currle aus dem Vorstandsteam des CVJM in Kirchberg an der Murr weiß. Bereits 1844 war
der CVJM als Young Men’s Christian Association (YMCA) in London gegründet worden, 1855 dann der Weltbund der CVJM in Paris und aus einer ersten Zusammenkunft sogenannter deutscher Jünglingsbünde 1882 heraus entwickelte sich schließlich der CVJM-Gesamtverband sowie ein Jahr später schließlich der erste Verein mit dem dann geltenden Namen „Christlicher Verein junger Männer“ (CVJM).
Die Botschaft eines Missionars fällt 1924 auf fruchtbaren Boden
Ein Missionar Röckle aus Leonberg legte in Kirchberg den Grundstein. Eingeladen hatte ihn der Leiter der Kirchberger Altpietistischen Gemeinschaft, Gottlieb Eberspächer. Und im Zuge seiner Evangelisationsvorträge entstand die Idee einer ständigen Jugendarbeit – für die damalige Zeit, in der es so etwas in den Gemeinden noch nicht gab, nahezu revolutionär. Die Botschaft des Predigers sei auf fruchtbaren Boden gefallen, habe den jungen Männern Halt geben können und ihnen vermittelt, wie der Glaube im Alltag gelebt werden könne. Und so wurde schließlich ein Jünglingsverein gegründet, der sich fünf Jahre später dem Landesverband des CVJM anschloss. Es dauerte ein wenig, bis man einen festen Treffpunkt für die Zusammenkünfte hatte. Zunächst traf man sich in der Schule (heute Kindergarten Schulstraße), später in der Sakristei der Kirche, dann in einer Privatwohnung, dann schließlich in einem Vereinszimmer, das sich jedoch ebenfalls in einem privaten Gebäude befand. Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde die Vereinigung zunächst verboten, doch da der Versammlungsort Privateigentum war, konnte man sich weiterhin, wenn auch in kleineren Gruppen, immer wieder treffen.Ein entscheidendes Jahr in der Historie des CVJM Kirchberg war 1949. Paul Rath kehrte aus dem Krieg zurück und engagierte sich mit viel Herzblut in dem christlichen Jugendverein. Zahlreiche Angebote – weiterhin ausschließlich für junge Männer – rief er ins Leben, etwa Jungschar, Jungenschaft und Bibelabende. Es wurde bald auch musikalisch mit dem 1951 gegründeten Posaunenchor sowie einem Jahr später mit dem Allianzchor.
Der Verein sucht in den 1950er-Jahren nach einem geeigneten Treffpunkt
Wieder einmal zeigte sich, dass die bisher genutzten Räumlichkeiten nicht ausreichten. Ein eigenes CVJM-Haus sollte her. Ab 1953 wurden die Überlegungen konkreter und bereits vier Jahre später konnte das Gebäude eingeweiht werden. „Viele Mitglieder haben sich zeitlich und finanziell hier sehr stark engagiert“, so Elke Currle. Und dabei habe es weiterhin zahlreiche gemeinsame Aktionen wie etwa Zeltlager oder Ausflüge und verschiedene Feiern gegeben. „Der Wunsch, Orte zu schaffen, an denen Menschen sich treffen können, um Gemeinschaft zu erleben und den Glauben zu teilen, war der Antrieb. Lebenslange Freundschaften entstanden daraus“, fasst die Vorsitzende zusammen. Ebenfalls in den 50er-Jahren geht ein weiterer Traum, natürlich mit viel Arbeit und ehrenamtlichem Engagement, in Erfüllung: Der CVJM bekommt einen eigenen Sportplatz, in Kirchberg allgemein als „Plätzle“ bekannt. Ursprünglich gehörte diese Fläche zu einem Steinbruch, war dann aber aufgefüllt worden, um sie nutzbar zu machen. Zum Teil ist dies heute noch zu erkennen. Mittlerweile ist das „Plätzle“ nicht nur beliebt für sportliche Aktivitäten, auch für die Dorffreizeit oder Open-Air-Gottesdienste wird es rege genutzt.Ein weiterer Meilenstein war das Jahr 1971. Denn in diesem Jahr wurde der CVJM auch für Mädchen geöffnet. Allerdings soll es noch einige Jahre dauern, bis aus dem„Christlichen Verein junger Männer“ der „Christliche Verein junger Menschen“ wird (1984). 1972 wird eine lang anhaltende Tradition aus der Taufe gehoben – der Adventsbasar, der über Jahre zum festen Angebot des Vereins gehören sollte. Der Gewinn kommt Bedürftigen in aller Welt zugute. Einige Jahre später ist die Geburtsstunde der Hauskreise.
1995 wird der Spatzentreff initiiert, eine Gruppe für Mütter und kleine Kinder, die sich einmal in der Woche trifft und so eine gute Gelegenheit bietet, andere Mütter kennenzulernen. Seit 2009 findet in der letzten Sommerferienwoche die Dorffreizeit statt, seit 2010 in Kooperation mit Schuldiakon Eckhard Vörding.
Gesellschaftlicher Wandel soll aufgegriffen werden
Da sich die Gesellschaft in einem stetigen Wandel befindet, ist es auch dem CVJM ein Anliegen, diesen Wandel aufzugreifen und sich Möglichkeiten zu überlegen, weiterhin attraktiv zu bleiben. Da in Kirchberg neben dem CVJM auch die evangelische Kirchengemeinde sowie der EC (Entschieden für Christus) zahlreiche Angebote aufweisen, entschied man sich 2019 für eine Art Kooperation. Jede der drei christlichen Organisationen hat mittlerweile Angebote für bestimmte Alters- und Personengruppen. So legt der CVJM nun den Schwerpunkt vorrangig auf Familien und junge Erwachsene. Dazu gehören etwa der Jugendgottesdienst, der gemeinsam mit dem EC drei- bis viermal im Jahr entweder in der Kirchberger Kelter oder auf dem Plätzle stattfindet, sowie die Dorffreizeit zu einem bestimmten Thema. Sehr beliebt ist auch der Familiennachmittag „Kirche kunterbunt“. „Dabei sitzt man nicht einfach nur da, sondern man erlebt etwas gemeinsam als Familie“, erklärt Elke Currle das Konzept. „Passend zum jeweiligen Thema gibt es in der Actionzeit viel zu entdecken, zu basteln und Bewegung. Dann wird mit Liedern, einer Geschichte oder einem kleinen Theaterstück gefeiert. Mit gemütlichem Beisammensein bei Fingerfood und Getränken klingt der Familiennachmittag dann aus.“ Das neueste Angebot ist das Familiencafé, das zum ersten Mal im Winter 2023 stattgefunden hat. In der Handarbeitszeit findet sich ebenfalls die Möglichkeit, Kontakte zu pflegen und miteinander ins Gespräch zu kommen.
Zeitungsbericht vom 8.7.2024 mit freundlicher Genehmigung der BKZ